So faszinierend die Kongress- und vor allem die Präsidentschaftswahlen in den USA für Menschen in aller Welt auch sind, so verwirrend ist dabei oft das manchmal etwas seltsam anmutende Wahlsystem in Amerika. So ist es schon fünfmal in der Geschichte der USA vorgekommen, dass nicht der Kandidat mit den meisten Stimmen Präsident wurde, zuletzt Donald Trump im Jahr 2016. Diese Tatsache ist ein direktes Ergebnis des Wahlsystems in den USA in Bezug auf die Wahl des US-Präsidenten.

Wahltermin

Die US-Präsidentschaftswahlen finden alle vier Jahre statt. Der Wahltermin ist dabei immer der Dienstag nach dem ersten Montag im November. Zum gleichen Datum wird auch das komplette Repräsentantenhaus neu gewählt und ein Drittel der Abgeordneten im Senat. Nach der Wahl bleiben der bisherige Präsident und Vizepräsident in jedem Fall noch bis Januar im Amt. Sollte der Amtsinhaber durch das Wahlergebnis wechseln, so wird diese Zeit genutzt, um eine reibungslose Übergabe der Amtsgeschäfte zu ermöglichen. Im Januar bestätigt der neu gewählte Kongress dann das Wahlergebnis der Präsidentschaftswahl und jeweils am 20. Januar findet die Amtseinführung des neuen oder wiedergewählten US-Präsidenten statt.

Das Electoral College

Das sogenannte Electoral College, die Versammlung der Wahlleute, ist der wichtigste Unterschied zwischen den Wahlen in den USA und denen in den meisten anderen Demokratien. Dieses Gremium besteht aus derzeit 538 Wahlleuten (electors), die aus den 50 Bundesstaaten und dem District of Columbia kommen. Dabei dürfen die Bundesstaaten jeweils eine bestimmte Zahl Wahlleute entsprechend ihrer Bevölkerungszahl entsenden. So kommen aus dem bevölkerungsstärksten Bundesstaat Kalifornien 55 Wahlleute, aus kleineren wie Delaware oder Vermont dagegen nur jeweils drei. Die Zahl der Wahlleute aus einem Bundesstaat entspricht genau der Zahl der Abgeordneten, die aus diesem Staat in Repräsentantenhaus und Senat sitzen. Entgegen weitläufiger Annahmen treffen sich diese Wahlleute nicht alle gemeinsam an einem Ort. Vielmehr finden die Treffen in den Hauptstädten der Bundesstaaten statt und zwar am Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember. Dies ist also der eigentliche Wahltag für Präsident und Vizepräsident. Die an diesem Tag abgegebenen Stimmzettel werden dann im Januar im Kongress offiziell ausgezählt.

Winner takes all-Prinzip

In 48 der 50 Bundesstaaten gilt das „Winner takes all“-Prinzip. Das bedeutet, dass derjenige Kandidat, der die meisten Stimmen in einem Bundesstaat bekommt, sämtliche Wahlmännerstimmen aus diesem Bundesstaat bekommt, selbst wenn der Vorsprung nur eine Stimme betragen sollte. Dieses Prinzip führt dazu, dass einige wenige Bundesstaaten besonders hart umkämpft sind. Nur in zwei Staaten, Maine und Nebraska, wird zumindest ein Teil der Wahlmännerstimmen an die Sieger in den einzelnen Stimmbezirken vergeben, so dass es vorkommen kann, dass aus diesen Staaten die Wahlleute für unterschiedliche Kandidaten stimmen.




Fragen und Antworten

Was sind Vorwahlen?

Bei den Vorwahlen entscheiden sich die Parteien für den Kandidaten aus ihren Reihen, der oder die schließlich auf der Convention, dem Parteitag, zum Präsidentschaftskandidaten bestimmt wird. Die Vorwahlen beginnen in der Regel im Februar des Wahljahres und finden in jedem Bundesstaat statt. Dabei werden entsprechend der Bevölkerungszahl Delegiertenstimmen für die Convention vergeben.

Welche Bedeutung hat das Popular Vote-Ergebnis?

Als „Popular Vote“ wird das reine Ergebnis der Stimmenanteile bezeichnet, also der Vergleich der tatsächlich erzielten Wählerstimmen. Dieser Vergleich spielt für das letztendliche Ergebnis der Präsidentschaftswahlen keine Rolle. Entsprechend sind auch die landesweiten Umfragen vor der Wahl nicht vollständig aussagekräftig, sondern liefern allenfalls ein Stimmungsbild. In der amerikanischen Geschichte ist es bereits fünfmal vorgekommen, dass der Kandidat, der die meisten Wählerstimmen bekommen hat, trotzdem nicht Präsident wurde, weil sie nicht die Mehrheit der Wahlmännerstimmen im Electoral College bekamen. Zuletzt geschah das im Jahr 2016, als Hillary Clinton fast drei Millionen Stimmen mehr bekam als Donald Trump. Im Jahr 2000 gewann Al Gore über eine halbe Million mehr Stimmen als George W. Bush, verlor aber trotzdem, weil Bush in Florida 537 Stimmen mehr als Gore bekam und damit die Wahlmännerstimmen aus Florida komplett verbuchen konnte.

Was sind Swing States?

Mit diesem Begriff werden die Bundesstaaten bezeichnet, die sich mal mehrheitlich für den demokratischen und mal für den republikanischen Kandidaten entscheiden. In einigen Bundesstaaten wird traditionell seit langer Zeit immer mehrheitlich für eine Partei gestimmt. New York zum Beispiel hat seit 1988 immer für den demokratischen Bewerber gestimmt, Wyoming seit 1968 immer für den Republikaner. Zu den Staaten, in denen man den Sieger nicht im Voraus erahnen kann, gehören vor allem Florida, Ohio, Pennsylvania und Wisconsin. Daher konzentriert sich der Wahlkampf oft sehr auf diese Swing States.

Was ist mit den Kandidaten von Drittparteien und mit unabhängigen Kandidaten?

Das Wahlsystem begünstigt mit dem Winner-takes-all-Prinzip die großen Parteien überdurchschnittlich. Zwar stellen andere Parteien, darunter die Grünen und die Liberalen, auch in allen oder zumindest den meisten Bundesstaaten Kandidaten auf, diese haben jedoch so gut wie keine Chance, die meisten Wählerstimmen und damit die Wahlmännerstimmen zu gewinnen. Für die Wähler besteht darüber hinaus die Möglichkeit, den Namen von beliebigen Personen auf den Wahlzettel zu schreiben und somit für diese zu stimmen.

Können Wahlmänner selbst über ihre Stimmabgabe entscheiden?

Die Wahlleute der Bundesstaaten sind dazu angehalten, ihre Stimmen gemäß der Entscheidung in ihrem Bundesstaat abzugeben. Da die Wahlleute meist von der Partei des Wahlsiegers im Bundesstaat ausgewählt werden, geschieht das in den allermeisten Fällen auch problemlos. Es gab allerdings, bei bisher 58 Wahlen, bereits 165 Wahlmänner, die sich dieser Vorgabe entzogen haben, zehn davon bei der Wahl 2016. Diese Wahlmänner werden als „faithless electors“ bezeichnet. Inzwischen gibt es in fast allen Bundesstaaten Gesetze, die die Wahlmänner auf das Wahlergebnis verpflichten, wobei die Strafen für Zuwiderhandlungen aber recht gering sind.


Siehe auch:
Wahlen in den USA 2024
Wahlrecht in den USA