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Beim Nominierungsparteitag der Republikaner in Milwaukee im Juli 2024 überraschte Donald Trump damit, dass er J.D. Vance als seinen Kandidaten für die Vizepräsidentschaft vorstellte. Vance war bis dahin bekannt als Autor eines Bestsellers, als Senator für den Bundesstaat Ohio – und vielfach auch als einer der erbitterten Gegner Trumps innerhalb der Republikanischen Partei. Doch von der scharfen Kritik früherer Jahre hat sich J.D. Vance im Jahr 2024 lange verabschiedet.

J.D. Vance wurde als James Donald Bowman am 2. August 1984 in Middletown, Ohio geboren, nahm aber später den Nachnamen seiner Großeltern an. Der Grund für diesen Namenswechsel lieg in der Biografie der Familie. Seine Eltern waren Arbeiter, die unter den Auswirkungen von Strukturwandel und Arbeitslosigkeit litten. Der Vater verließ die Familie, als sein Sohn im Kleinkindalter war, die Mutter war drogenabhängig. J.D. und seine Schwester wurden daher vor allem von den Großeltern großgezogen. Nachdem er die High School abgeschlossen hatte, meldete sich Vance zum Militär. Er wird in den Irak entsandt, wo er als Kriegsberichterstatter für das US-Militär arbeitet. Diese Zeit beschreibt er heute als besonders prägend.

Nach seiner Rückkehr in die USA schreibt Vance sich in die Ohio State University ein. 2009 schafft er hier seinen Bachelor in Politikwissenschaften und Philosophie mit Auszeichnung. Diese Zeit, der Aufstieg aus armen und zum Teil zerrütteten Verhältnissen bis zum erfolgreichen Uni-Abschluss, ist Gegenstand des autobiografisch geprägten Buches „Hillbilly Elegy„, das J.D. Vance 2016 herausbrachte und das monatelang auf der Bestsellerliste der New York Times stand. Das Buch wird oft gefeiert für seine Einblicke in die „Hillbilly“-Kultur und zitiert als eine Erklärung dafür, wie Menschen aus der Arbeiterklasse zu Anhängern von Donald Trump werden. Allerdings schien sich Vance, der autobiographische Erzähler der Hillbilly Elegy, dieser Tendenz eigentlich entziehen zu können. Als er sein Buch vorlegte und infolge dessen Erfolgs zahlreiche Interviews gab, äußerte er sich wiederholt negativ oder gar verächtlich über Trump. Dieser sei „ungeeignet für das Präsidentenamt“, er würde „die amerikanische Arbeiterklasse an einen sehr dunklen Ort führen“ und seine politischen Ansichten seien „verachtenswert und absurd“. Einem Freund schrieb er sogar, er sei nicht sicher, ob Trump nicht „Amerikas Hitler“ sei.

Zwei Jahre zuvor hatte Vance die indischstämmige Usha Chilukuri geheiratet, die damals als Juristin für den Vorsitzenden Richter des Supreme Courts arbeitete. Das Paar hat heute drei Kinder. Im Dezember 2016 gründete Vance in Ohio eine gemeinnützige Organisation, die sich für die Bekämpfung von Drogen- und Alkoholsucht einsetzen wollte. Tatsächlich wurde die Organisation nur zwei Jahre später wieder stillgelegt und Journalisten fanden heraus, dass sie in diesen zwei Jahren mehr Geld für die Management-Dienste eines Vance-Freundes ausgegeben hatte als für gemeinnützige Zwecke. Schon 2017 wechselte Vance zu einer Investment-Firma, bevor er 2019 ein eigenes Investment-Unternehmen gründete. Das Startkapital dafür kam unter anderem von Peter Thiel, der an zahlreiche ultrakonservative Republikaner und an Donald Trump selbst erhebliche Summen gespendet hat.

Thiel war es auch, der 2021 zehn Millionen Dollar an eine Wahlkampfkampagne spendete, die Vance‘ Kandidatur für einen frei werdenden Senatsplatz förderte. Mit dieser Förderung, vor allem aber mit der Unterstützung Trumps gewann Vance die Vorwahlen bei den Republikanern und im November 2022 auch die Senatswahl. Vance war 2021 in Thiels Begleitung zu Trump nach Florida gereist und hatte dem Ex-Präsidenten dargelegt, dass er seine Meinung über ihn geändert habe. Öffentlich erklärte Vance, er habe anfangs nicht geglaubt, dass Trump ein guter Präsident sein könne, doch er sei ein großartiger Präsident gewesen, weshalb er daran arbeiten wolle, dass Trump 2024 wiedergewählt wird. Trump kommentierte das bei einem gemeinsamen Auftritt mit den Worten, J.D. Vance küsse ihm den Hintern, weil er seine Unterstützung wolle.

Vance‘ inzwischen scheinbar unbegrenzte Hingabe zu Trump ist vermutlich der Grund, warum Trump ihn ausgewählt hat. Oft wird ein Kandidat für den Vize-Posten unter dem Gesichtspunkt ausgewählt, dass er oder sie bestimmte Wählergruppen ansprechen kann. Auf Vance trifft das nicht zu – er stammt aus Ohio; einem Staat, den Trump wohl ohnehin wird gewinnen können und er vertritt dieselben Positionen wie Trump. Er fordert, dass sich die USA aus der Unterstützung für die Ukraine zurückziehen sollen und will stattdessen „mit Putin zusammenarbeiten“. China hält er für die größte Bedrohung für die USA. Vance bezweifelt, dass der Klimawandel menschengemacht ist und will statt der Steuerermäßigungen für Elektroautos solche Ermäßigungen für Autos mit Verbrennermotor. Er wendet sich in scharfer Form gegen das Recht auf Abtreibung und ist gegen das Recht auf Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare. Abweichend vom republikanischen Mainstream sind nur seine Positionen in der Wirtschaftspolitik. Dort sprach er sich für eine Anhebung des Mindestlohns aus und für die Stärkung der Gewerkschaften.

Es gilt unter Beobachtern als denkbar, dass Trump mit Vance einen ihm treu ergebenen Kandidaten gesucht hat, der später die MAGA-Bewegung fortführen kann. Nicht unbeachtet bleiben darf aber auch, dass Vance von der Heritage Foundation gefördert wird. Dieser konservative Think Tank hat seit vielen Jahrzehnten starken Einfluss auf die republikanische Politik und auch auf die Besetzung von Posten in republikanischen Administrationen. Die Heritage Foundation hat auch das Project 2025 entworfen, das einen Umbau der Strukturen in der amerikanischen Bundesregierung und die Konzentration der Macht bei einem Präsidenten Trump vorsieht.


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