Eine Insel, zwei Teile und ganz viele unterschiedliche Aspekte: Die Nord- und die Südhälfte der Padre Island im Golf von Mexiko vor der Küste von Texas könnten gegensätzlicher kaum sein. Die nördliche Hälfte wird fast komplett von einem der wichtigsten Natur- und Küstenschutzgebiete der USA bedeckt, die südliche Hälfte ist stark touristisch geprägt und wird im Frühjahr jeden Jahres zum Ziel Tausender partybegeisterter Studenten im Spring Break. Die größte Barriereinsel der Welt ist insgesamt 210 Kilometer lang und bis zu 2,6 Kilometer breit. Sie wurde nach dem Gründer der spanischen Mission in Cameron County, Padre José Nicolás Balli, benannt.
Im Jahr 1964 wurde die Insel künstlich in zwei Hälften geteilt, um den Küstengemeinden auf dem Festland einen direkten Zugang zum Meer zu öffnen. Padre Island erstreckt sich von Corpus Christi im Norden bis hinunter kurz vor der mexikanischen Grenze. Im Süden schließt sich noch die unbewohnte Brazos Island an; im Norden gibt es eine Straßenverbindung zur Mustang Island sowie eine Brücke nach Corpus Christi. Geologische Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Insel vor etwa 4500 Jahren aus einer Sandbank entwickelte. Die südliche Hälfte verändert sich derweil durch Erosion und andere natürliche Einflüsse konstant und bewegt sich langsam Richtung Festland.
North Padre Island ist durch den Status als geschützte Meeresküste heute weitgehend ein beinahe unberührter Lebensraum. Schon seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts war die Insel kaum bewohnt und wurde größtenteils nur für die Ranch von Padre Balli genutzt. Eine Ausnahme bildet die Zeit zwischen dem Zweiten Weltkrieg und 1960, als in einem kleinen Abschnitt Bombentests durchgeführt wurden. Gebäude oder andere sichtbare Erinnerungen an die Vergangenheit sucht man aber meist vergebens – so weit das Auge reicht, ist North Padre Island eine naturbelassene Insel.
Zu den Lebensräumen auf der Insel und um sie herum gehören unter anderem Prärie, Grasland, Sumpfgebiete, Dünen und die Laguna Madre, wie das flache Gewässer zwischen der Insel und dem Festland genannt wird. Vor allem Vogelfreunde kommen hier auf ihre Kosten, denn über das Jahr hinweg lassen sich etwa 380 verschiedene Arten hier beobachten – etwa die Hälfte der in Nordamerika vorkommenden Arten. Viele der Vögel kommen als Zugvögel auf der Durchreise, andere überwintern hier. Neben Fröschen, Kröten und einigen Säugetieren wie Hasen, Waschbären, Kojoten oder Erdhörnchen gilt die Aufmerksamkeit vieler Besucher aber vor allem den Meeresschildkröten. Fünf verschiedene Arten wurden auf der Insel bereits gesichtet, darunter zum Beispiel auch die gefährdete Gattung Kemp’s Ridley. Weitere Reptilien wie Schlangen, Geckos, Landschildkröten oder Salamander leben ebenfalls auf North Padre Island. Zudem wurden fast 150 verschiedene Fischarten dokumentiert, darunter auch einige Haie. In Bezug auf die Flora finden sich vor allem Wildblumen und verschiedene Pilze.
Trotz dieser gut funktionierenden natürlichen Lebensräume ist es gestattet, auf den Stränden mit dem Auto zu fahren, was die meisten der Besucher der National Seashore auch tun. Derlei Aktivität beschränkt sich jedoch größtenteils auf einen recht überschaubaren Radius rund um den Eingangsbereich. Da es im Süden der Nordinsel keine Möglichkeit gibt, die Insel zu verlassen, wird es umso ruhiger, je weiter man nach Süden vordringt. Im Gebiet des Parks gibt es fünf Campingplätze, für die keine Reservierungen möglich sind; Hotels gibt es auf der Nordinsel nicht, ebenso wenig Restaurants oder Tankstellen. Wer möchte, kann sich auch per Fahrrad oder zu Fuß fortbewegen. Die Park Rangers bieten immer wieder informative Veranstaltungen wie geführte Spaziergänge an. Das Visitor Center befindet sich an der Park Road 22 und ist täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet; der Park selbst ist immer zugänglich.