Nur wenige Bilder sind international so mit dem Image von Amerika verbunden wie das des Lasso schwingenden Cowboys hoch zu Pferd. Ein Cowboy gilt als rauer Kerl, als einsamer Reiter mit weitem Hut, der in der Regel besser mit Rindern und Pferden umgehen kann als mit Menschen. Zwar ist das Bild des Cowboys gerade in historischer Hinsicht stark verklärt und von Geschichten romantisiert, dennoch trugen sie nachhaltig zur Entwicklungs- und Kulturgeschichte der USA bei. Im Westen der USA lebt die Tradition von Ranches, Cowboys und inzwischen selbstverständlich auch Cowgirls fort und wirklich revolutionär verändert hat sich das Berufsbild in all den Jahren nicht.
Die Cowboy-Tradition beginnt übrigens nicht in Amerika, sondern in Spanien, wo man schon im Mittelalter auf Grund des geringen Grasbestands gezwungen war, das Nutzvieh von einer Weide zur anderen zu bringen. Als die spanischen Eroberer Mittelamerika und den heutigen Südwesten der USA entdeckten, brachten sie zur Kultivierung des Landes nicht nur vaqueros, wie Cowboys auf spanisch heißen, mit, sondern auch Rinder und Pferde. Letztere hatte es in Amerika übrigens seit dem Ende der Eiszeit nicht mehr gegeben und die heute als amerikanische Wildpferde betrachteten Mustangs sind in Wahrheit Nachkommen der einst in Spanien domestizierten Rassen.
Viele der ersten Spanier, die sich in der Neuen Welt niederließen, gründeten dort sogenannte haciendas, was so viel wie “Landgut” bedeutet und beschäftigten Indianer, die sich um die Nutzherden kümmerten. Erst im 19. Jahrhundert, als die vor allem im Nordosten lebenden Siedler britischer Herkunft als Händler Richtung Westen zogen, kam es zu einer Vermischung von Sprache und Kulturen und aus dem vaquero wurde der Cowboy. Gleichzeitig stieg der Bedarf an Rindern und an Personal.
In Chicago war 1867 das erste Unternehmen gegründet worden, das Fleisch verpackte und so die Möglichkeiten, es zu verkaufen, vervielfachte. Damit die steigende Zahl der Einwohner an der Ostküste mit Fleisch versorgt werden konnte, mussten Rinder teilweise über hunderte von Kilometern bis zum nächstgelegenen Bahngleis gebracht werden – meist der Bahnhof von Kansas City -, von wo sie nach Chicago verladen wurden. Diese Viehtriebe, cattle drives genannt, bei denen Cowboys riesige Herden über das Land führten, um die Tiere den Schlachthöfen zuzuführen, spielten eine nicht unwichtige Rolle für die Entwicklung des amerikanischen Westens, denn entlang der meist genutzten Routen etablierten sich nach und nach feste Lagerstätten für Zwischenstopps, aus denen sich in vielen Fällen Orte entwickelten. Ein Beispiel für eine solche „Cowtown“ ist Fort Worth in Texas, heute eine Stadt mit mehr als 900.000 Einwohnern. Auf dem Weg kam es gelegentlich zu Auseinandersetzungen zwischen Cowboys und indianischen Ureinwohnern, deren Land durchquert werden musste, diese waren jedoch viel seltener als es später in Geschichten und Filmen überliefert wurde. Zudem wurden solche Konflikte in der Regel durch Zahlung eines Wegezolls gelöst.
Ebenso falsch ist die weit verbreitete Vorstellung, dass es sich bei den Cowboys in der Zeit des Wilden Westens immer um Weiße gehandelt hat. Genaue Zahlen gibt es zwar nicht, es wird aber heute geschätzt, dass rund um das Jahr 1900 rund 15% der Cowboys Schwarze waren, die im Westen des Landes Arbeit suchten, wo es weniger Diskriminierung gegen sie gab als an der Ostküste. Zur gleichen Zeit dürfte es auch einen mindestens ebenso großen Anteil hispanischer Cowboys gegeben haben und auch Native Americans verdingten sich in dem Beruf.
Als Ergebnis des wachsenden Bedarfs an Fleisch wurden bald die Weideflächen knapp und so entstanden Ranches auch in nördlicheren Regionen, zum Beispiel in den heutigen Bundesstaaten Colorado oder Wyoming. Neben den Cattle Drives entstanden in jener Zeit auch die anderen Aufgaben, die man bis heute mit dem Beruf des Cowboys verbindet. So vermischten sich auf den riesigen Weideflächen oftmals verschiedene Herden miteinander und um die Tiere einem Besitzer zuordnen zu können, mussten einzelne Tiere von der Herde getrennt, eingefangen und gebrandmarkt werden. Für diese Aufgabe wiederum wurden verlässliche, wendige Pferde benötigt und es oblag den Cowboys, diese zu trainieren. Schon bald begannen sie, ihre Fähigkeiten in den verschiedenen Disziplinen untereinander zu vergleichen und so entwickelte sich die Tradition der Rodeos, heute in den USA als professioneller Sport betrieben. Mit der Erfindung des Stacheldrahts in den 1880er Jahren kam das Ende der freien Weideflächen (open range) und damit wurden bald weniger Cowboys als zuvor gebraucht, um Rinder zu halten.
Obwohl diese Entwicklungen das Berufsbild veränderten und längst moderne Technologien in den Ranchbetrieb Einzug gehalten haben, lebt das alte Bild vom Cowboy bis heute fort, sorgsam gepflegt von denen, die den Beruf heute ausüben. Wer sich für die Geschichte der Cowboys in den USA interessiert, findet an mehreren Orten Museen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Dazu gehören das National Cowboy Museum in Oklahoma City, das American Cowboy Museum in Houston, die Pro Rodeo Hall of Fame in Colorado Springs oder das National Cowboys of Color Museum in Fort Worth. Diese und ähnliche Ausstellungen zeichnen ein authentisches Bild von den Cowboys und dem Leben, das sie führten, mit teilweise deutlichen Unterschieden zu dem Bild, wie es zum Beispiel von Hollywood vermittelt wurde. Richtig ist aber die Vorstellung, dass Cowboys zur Zeit der Erschließung des Westens ein hartes – und in der Regel schlecht bezahltes – Arbeitsleben hatten, das davon geprägt war, auf sich allein gestellt zu sein. Von Cowboys verfasste Gedichte und Musik drückten dieses Lebensgefühl aus und wurden ein wichtiger Bestandteil der amerikanischen Kultur.
Lange kaum beachtet wurde die Rolle der Frauen in den Ranchberufen. Während früher sehr selten echte Cowgirls anzutreffen waren, arbeiteten Frauen auf der Ranch in wichtigen, auch körperlich beanspruchenden Rollen, insbesondere dann, wenn die Männer auf langen Cattle Drives unterwegs waren. Bei Rodeos war jedoch schon früh zu erkennen, dass auch Frauen im Umgang mit Lasso und Pferd geübt waren, auch wenn dies in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle spielte. Generell gab es im Westen zunächst deutlich mehr Männer als Frauen und in den kleinen Orten, in denen die Cowboys auf den Viehtrieben Halt machten, war es nicht ungewöhnlich, ausschließlich auf Männer zu treffen. Dennoch geht auch die Geschichte von Frauen, die auf den Ranches arbeiteten, schon lange zurück und heute sind Cowgirls ein ebenso normaler Anblick wie Cowboys.
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