Die großen Namen der Literatur der USA sind weltweit bekannt. Die Werke von Ernest Hemingway und Edgar Allan Poe, John Steinbeck und William Faulkner, aber auch von John Grisham und Paul Auster und von vielen anderen wurden in Dutzende Sprachen übersetzt und millionenfach verkauft. Sie sind aber nur die bekanntesten Vertreter einer Nationalliteratur mit einer bemerkenswert großen Bandbreite.

Vielleicht mehr noch als in anderen Ländern ist die amerikanische Literatur ein Spiegelbild der dauerhaften Evolution der amerikanischen Identität. Die großen Einwanderungswellen und der Neustart in der neuen Welt, die Eroberung des Westens, der Umgang mit Minderheiten, die Bürgerrechtsbewegung und die Verwerfungen, die durch die rasanten technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden, sind und waren wichtige Motive von Erzählungen und Romanen amerikanischer Autorinnen und Autoren. Da die USA gleichzeitig in weiten Teilen der Welt im Fokus stehen, stößt auch Literatur, die sich mit dem amerikanischen Alltagsleben oder amerikanischen Biografien beschäftigen, international auf ein überproportionales Interesse.

Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass die englische Sprache in der Welt besonders weit verbreitet ist und verstanden wird. Allerdings besteht amerikanische Literatur auch aus Werken in anderen Sprachen, darunter etwa die vielen Sprachen der Ureinwohner, aber auch die der Einwanderer. Diese Gruppen haben das Land nachhaltig geprägt und Werke, die aus ihrer Sicht entstanden sind, stellen daher einen wesentlichen Bestandteil der Nationalliteratur der USA dar. Auch darf man die amerikanische Literatur nicht nur in der Gesamtheit der Erzählungen, Romane und Lyrik betrachten. Gerade in der sogenannten Neuen Welt wurden neue Gesellschafts- und Politikmodelle versucht und etabliert und so zählen auch und besonders Schriften aus diesem Themengebiet untrennbar zur US-Literatur.



Überblick amerikanische Literaturgeschichte

Die amerikanische Literaturgeschichte beginnt schon deutlich vor der Kolonialisierung des Landes, wobei die indianischen Erzählungen zunächst mündlich überliefert wurden. Als die Europäer mit der Besiedelung des Kontinents begannen, brachten sie die Technik des Buchdrucks mit, so dass die englische Sprache der 13 Kolonien schnell weite Verbreitung fand. Die ersten Druckerzeugnisse Nordamerikas allerdings waren vor dem Entstehen der britischen Kolonien entstanden und waren in deutscher, spanischer und französischer Sprache erschienen. Tatsächlich aber war der Buchdruck ein Ausdruck des Freiheitsgeistes der Kolonialisten. Im Gegensatz zur restriktiven und streng überwachten Nutzung der Druckerpresse in Europa erlaubte der Buchdruck in Nordamerika die relativ freie Verbreitung von Ideen. So waren die ersten Werke auch häufig politische und religiöse Schriften. Das galt auch für das Genre der Lyrik, in der Anne Bradstreets Poesie über das Leben ihrer Familie eine Ausnahme bildete.

Im 18. Jahrhundert informierten Bücher aus den Kolonien die Leser in Europa über das Leben in der Neuen Welt. Berichte über die Erschließung des Landes und über Begegnungen mit der Urbevölkerung kamen dabei nicht nur aus den britischen Kolonien im Nordosten, sondern auch aus dem Süden. Dort entstand später auch eine weitere Kategorie der amerikanischen Literatur, nämlich die von schwarzen Autoren, zunächst in Gestalt von Erzählungen aus dem Leben der Sklaven. Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts spiegelte die Literatur dann die Aufbruchstimmung in den Kolonien auf dem Weg zur Unabhängigkeit wider. Gesellschaftstheoretische Werke und politische Schriften, darunter die Federalist Papers, bildeten eine Basis für die vielleicht wichtigsten Werke der amerikanischen Literatur, die Unabhängigkeitserklärung und dann nachfolgend die Verfassung der USA.

Gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Roman als ein neues Genre der amerikanischen Literatur. Dieses brachte erstmals in einem größeren Maßstab Werke von Frauen hervor, ebenso wie Erzählungen von Autoren, die sich ausschließlich der Schriftstellerei widmeten. Heute noch bekannte Autoren jener Zeit sind etwa Washington Irving oder James Fenimore Cooper. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gewann die amerikanische Literaturszene zunehmend an Profil und brachte zahlreiche neue Autoren hervor, die mit ihren Werken ein breites Publikum erreichten. Zu erwähnen sind beispielsweise die düsteren Short Stories von Edgar Allan Poe, die gesellschaftsphilosophischen Schriften von Henry David Thoreau, Walt Whitman und Ralph Waldo Emerson oder die abenteuerlichen Erzählungen von Herman Melville. Ebenfalls für literarisches Aufsehen sorgten die frei fließenden Verse von Walt Whitman und, sozusagen konträr dazu, die eindringliche Lyrik von Emily Dickinson.



Viele der in jener Zeit entstandenen Bücher gelten bis heute als Standardwerke der Literatur der USA. Das gilt ebenso für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der es nun oft um soziale Themen und um die Herausforderungen einer heterogenen Gesellschaft ging. Solche Themen lassen sich etwa bei Frank Norris und Mark Twain entdecken, bei Stephen Crane und Edward Bellamy. Die berühmte Autobiografie von Frederick Douglass wirft einen Blick auf das Leben der Sklaven, während sich andere Autoren beispielsweise mit der Sicht der Urbevölkerung beschäftigten.

Solche Themen erfuhren im 20. Jahrhundert weitere Verbreitung. Sie trugen maßgeblich dazu bei, Amerikas Literatur im Rest der Welt zu etablieren und populär zu machen. Den Lesern auf anderen Kontinenten, die zum größten Teil keine persönlichen Erfahrungen mit Amerika machen konnten, gewannen durch die Sozialkritik in den Büchern von Upton Sinclair, Edith Wharton und anderen einen Blick auf die Vielschichtigkeit der amerikanischen Gesellschaft und in der Poesie von Robert Frost einen Blick auf das Leben in den ländlichen Gebieten des Landes. Auch andere Literaturformen wurden nun mehr und mehr ein Teil des Literaturkanons der USA, etwa durch die Lyrik von T.S. Eliot oder Ezra Pound.

Anhand einiger der bekanntesten literarischen Werke lässt sich in groben Zügen die amerikanische Gesellschaftsgeschichte nachlesen. So etwa während der sogenannten Goldenen 20er Jahre, die bei F. Scott Fitzgerald thematisiert werden und deren Schattenseiten sich bei Sinclair Lewis finden. Lewis wurde 1930 der erste amerikanische Träger des Literatur-Nobelpreises. Ihm folgten 1936 der Dramatiker Eugene O’Neill und 1938 die in West Virginia geborene Pearl S. Buck, die bis dahin allerdings nicht über Amerika, sondern über China geschrieben hatte.

Im weiteren Verlauf des 20.Jahrhunderts machte die amerikanische Literatur wiederholt durch die Entwicklung neuer Erzähltechniken und Stilvarianten auf sich aufmerksam. So gilt William Faulkner, Nobelpreisträger von 1949, als einer der wichtigsten Vertreter des „Stream of Consciousness“, während der 1954 ebenfalls mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Ernest Hemingway für seine direkte, schmucklose Erzählweise bekannt wurde. Im Jahr 1962 ging die höchste Auszeichnung der Literaturwelt dann an John Steinbeck, dessen Werk bis heute für seine eindringliche Illustration der Zeit der großen Depression berühmt ist. Die dramatischen Stücke von Tennessee Williams oder Arthur Miller brachten diese literarischen Beschreibungen auf die Theaterbühne. So waren es weiterhin die verschiedenen Ausdrucksformen der Literatur, die den Menschen außerhalb des Kontinents ein Bild von Leben und Gesellschaft in den USA in allen ihren Facetten vermittelte. Die Orientierungslosigkeit junger Generationen , symbolisiert durch den Protagonisten bei JD. Salinger; der sich durch die Gesellschaft ziehende Rassengraben wie bei Harper Lee oder die Zeit des Aufbruchs und der Rebellion wie bei Jack Kerouac sind nur einige der Beispiele dafür,

In der zeitgenössischen und postmodernen Literatur der USA sind unter anderem der lyrische Stil von Toni Morrison oder die gesellschaftskritische Stimme von David Foster Wallace zu erwähnen, während Cormac McCarthy zu den Autoren gehört, die Strömungen der amerikanischen Literaturgeschichte aufgreifen und in eigenen Werken zum Ausdruck bringen.


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