Er bestand gerade einmal eineinhalb Jahre, sein Service war alles andere als sicher und am Ende war er eine wirtschaftliche Pleite. Trotzdem war der Pony Express, jene transkontinentale Postverbindung, die erstmals den Versand von Nachrichten und Päckchen in den damals tatsächlich noch wilden Westen ermöglichte, von Anfang an eine amerikanische Legende. Das lag vor allem an den Heldengeschichten, die sich um die wilden Reiter des Express rankten, die schon bei der Bewerbung für den Dienst gefragt wurden, ob sie bereit seien, dem Tod jeden Tag ins Auge zu blicken – Waisen wurden bevorzugt eingestellt. Eine Sendung vom Startpunkt St. Joseph in Missouri bis nach Kalifornien brauchte zwischen zehn und zwölf Tagen und man brauchte schon eine gewisse Portion Glück, damit sie überhaupt beim Adressaten ankam.
Im Jahr 1860 gab es Telegrafenverbindungen an der amerikanischen Ostküste und bis nach Missouri, doch weiter westlich waren die Menschen mit diesem Dienst nicht mehr erreichbar. Gerade dorthin aber wäre ein Kontakt wichtig gewesen, denn die mehreren hunderttausend Abenteurer, die in den Jahren zuvor nach Westen gegangen waren, zum Beispiel dem kalifornischen Goldrausch von 1848 folgend, hatten Angehörige in der Heimat zurückgelassen und dort wiederum steuerte das Land auf einen Bürgerkrieg zu.
Aus diesen Überlegungen heraus entstand der Pony Express. Dutzende Reiter wurden angeheuert, die fortan in den Satteltaschen Nachrichten in den Westen transportierten, oft junge, verwegene Männer. Für die rund 3100 Kilometer bis nach Sacramento wurden 184 Stationen eingerichtet, die es erlaubten, nach jeweils rund 20 Kilometern die völlig erschöpften Pferde zu wechseln und nach 120-150 Kilometern auch den Reiter. Doch der anstrengende Ritt war nur eine der Herausforderungen. Dazu kamen die Hitze der Wüste in Nevada, die oft schneebedeckten Berge der Rocky Mountains, Begegnungen mit Banditen und feindlichen Indianern. Einige der reitenden Boten kamen bei ihren Ritten ums Leben oder verletzten sich schwer. Kein Wunder also, dass der Job des Pony Express-Reiters deutlich besser bezahlt war als so ziemlich jeder andere Beruf.
Der Pony Express wurde 1860 von Alexander Majors, William Russell und William Waddell gegründet. Alle drei waren schon zuvor im Kuriergeschäft tätig und transportierten beispielsweise Material für die Armee zu den Forts im Westen. Dies jedoch geschah mit Kutschen und dauerte entsprechend lange. Mit den jeweils etwa gleich weit auseinander liegenden Stationen und insgesamt 400 Pferden war es dem neuen Postservice möglich, die gesamte Strecke fast ausschließlich im Galopp zu absolvieren, zudem konnte man als Reiter kürzere Strecken nehmen, die mit einer Postkutsche nicht passierbar waren. Die Pferde wurden anfangs mit rund 20 Kilogramm beladen, später mit bis zu 75 Kilo, während die Reiter selbst nicht mehr als 57 Kilogramm wiegen durften. Zur Ladung gehörten neben der Post auch eine Wasserflasche, ein Revolver, eine Bibel und ein Signalhorn, um dem Stationsmeister am nächsten Stopp vorab zu informieren, dass das nächste Pferd vorbereitet werden musste. Der Express war Tag und Nacht und bei jedem Wetter unterwegs; harte Arbeit, die den Reitern mit rund $100 im Monat entlohnt wurde, das entsprach etwa dem Vierfachen eines damaligen Durchschnittsverdiensts.
Nach dem Start in St. Joseph verlief die Route westlich nach Kansas, bevor sie einen nordwestlichen Kurs nahm nach Nebraska, wo sie dem Platte River folgte – damals eine so vielgenutzte Strecke, dass sie später “Korridor der amerikanischen Westerweiterung” genannt wurde. Von Wyoming aus folgte der Pony Express dem Sweetwater River und gelangte anschließend nach Salt Lake City. Von dort aus folgte der Abschnitt durch die Wüste und dann über Lake Tahoe und die Sierra Nevada nach Sacramento. Dies war eigentlich der Endpunkt der Reitstrecke, die Post wurde von hier mit einem Schiff nach San Francisco weitergesandt, doch gelegentlich wurde bis nach Oakland in die San Francisco Bay geritten. Beim Premierenritt am 3. April 1860 benötigten die Kuriere des Pony Express für diese Strecke zehn Tage. Auch die erste Sendung von West nach Ost benötigte zehn Tage, vom 3. bis zum 14. April. Die Rekordzeit dagegen liegt bei sieben Tagen und 17 Stunden, doch er kam als Promotion-Aktion zustande: Nach der Wahl Lincolns zum Präsidenten am 7. November 1860 stellten die Betreiber des Pony Express sicher, dass nur die besten und ausgeruhtesten Pferde verfügbar waren und schickten ihre Reiter mit den Wahlergebnissen los. So erfuhren die Menschen in Kalifornien schon eine Woche nach der Wahl, wer fortan Präsident sein würde.
Die wilden und laut Stellenausschreibung “todesmutigen” Reiter wurden vielerorts wie Helden verehrt, insbesondere nachdem es zu Angriffen von Indianern gekommen war, bei denen unter anderem der 14jährige Reiter Billy Tate ums Leben gekommen war – nachdem er sieben seiner Angreifer selbst hatte töten können. Mark Twain setzte den Boten in seinem Werk “Roughing it” ein literarisches Denkmal. Einer von ihnen, Jack Keetley, soll angeblich nach einem 31stündigen Dauerritt im Sattel schlafend an einer Station eingetroffen sein. Am bekanntesten aber wurde sicherlich William Cody, besser bekannt als Buffalo Bill, der beim Aufbau des Pony Express geholfen hatte und als angestellter Reiter durch Rekordstrecken für Aufsehen sorgte.
Am 26. Oktober 1861, zwei Tage nachdem das transkontinentale Telegraphennetz von Nebraska bis California fertiggestellt worden war, stellte der Pony Express seinen Betrieb ein, weil er mit seinen Kosten gegen die neue Konkurrenz nicht mehr mithalten konnte. Beim Kassensturz stellte sich heraus, dass trotz der rund 35.000 Briefe, die der Express während seines kurzen Bestehens transportiert hatte, insgesamt ein Minus von $200.000 aufgelaufen war. Nach dem Ende des Bürgerkriegs 1866 wurden die Reste des Pony Express an Wells Fargo verkauft, die damals hauptsächlich im Geschäft mit Postkutschen aktiv war.
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