Der über 381 Tage andauernde Boykott des städtischen Bussystems durch die schwarze Bevölkerung der Stadt Montgomery in Alabama, ausgelöst durch die Weigerung von Rosa Parks, ihren Platz im Bus für eine Weiße freizumachen, wird als einer der wichtigsten Erfolge der Bürgerrechtsbewegung in den USA in ihrem Kampf für die Aufhebung der Rassentrennung angesehen. Dabei ist nicht nur die der Aktion folgende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bedeutsam, sondern vor allem auch die Aufmerksamkeit, die der Civil Rights-Bewegung und ihren Anführern dadurch zuteil wurde. Lange Zeit waren kleine, aber wenig beachtete Schritte gemacht worden; nun aber blickte sogar das Ausland auf den amerikanischen Süden. Angetrieben vom Erfolg des Boykotts in der mehrheitlich schwarzen Stadt organisierten die Bürgerrechtler weitere Aktionen und schafften auf lange Sicht die Aufhebung der Rassenschranken.

Rosa Parks’ Weigerung, ihren Platz für weiße Passagiere zu räumen, gilt als der Auslöser des Boykotts, tatsächlich aber gab es schon vor dem Zwischenfall in dem Bus der Linie Cleveland Avenue am 1. Dezember 1955 einige ähnliche Vorkommnisse. Im Jahr 1944 hatte sich Irene Morgan an Bord eines Überlandbusses in Virginia geweigert, ihren Sitzplatz für einen weißen Passagier zu räumen. Der Fall, von der Bürgerrechtsorganisation NAACP im Namen von Irene Morgan vor Gericht geführt, hatte 1946 zur Entscheidung durch den Supreme Court geführt, wonach die Gesetzgebung der einzelnen Bundesstaaten im Süden, die Rassen in öffentlichen Verkehrsmitteln trennte, illegal war. Tatsächlich jedoch war das Urteil in den Südstaaten in weiten Teilen einfach ignoriert worden, wie 1947 bei Testfahrten von Aktivisten aus Chicago, der so genannten Journey of Reconciliation, bei der die Teilnehmer teilweise sogar in Gefängnissen landeten, bewiesen worden war. Zudem bezog sich das Urteil im Fall Morgan nur auf Fahrten, bei denen Grenzen zwischen Bundesstaaten überschritten wurden, nicht aber auf innerstädtischen Linienverkehr.

Einige Zeit vor dem Zwischenfall mit Rosa Parks war die 15jährige Claudette Colvin aus ähnlichen Gründen verhaftet worden. Sie hatte sich allerdings in einem Teil eines Busses befunden, in dem nach den Regeln der Busgesellschaft Schwarze aufzustehen hatten, wenn für Weiße kein Sitzplatz mehr frei war. Colvin, die in der Jugendorganisation der NAACP mitarbeitete, widersetzte sich der Aufforderung des Fahrers, ihren Platz zu räumen und begründete ihre Weigerung mit ihrem “verfassungsgemäßen Recht”. Die Mitarbeiter der NAACP, darunter auch die damalige Sekretärin Rosa Parks, nahmen ihren Fall zunächst auf, entschlossen sich aber bald, nicht das Gewicht einer Musterklage auf den Vorfall zu legen. Claudette Colvin kam aus einer sehr armen Familie und wurde bald darauf von einem deutlich älteren, weißen Mann schwanger. Die Bürgerrechtler sahen in ihr ein schlechtes Beispiel, das von der Öffentlichkeit diskreditiert werden würde.



Wie viele andere Busgesellschaften im Land hatte sich auch die Montgomery Bus Line ein eigenes Rassentrennungssystem für ihre Fahrzeuge ausgedacht. Schwarze mussten hinten einsteigen und sitzen, Weiße vorn. Wenn im Bereich für Weiße kein Sitzplatz mehr frei war, mussten die Schwarzen die nächstgelegene Reihe im schwarzen Bereich für weiße Passagiere räumen. Es gab keinerlei Gesetzgebung, auf der diese Regelung basierte, die Fahrer waren aber angehalten, die Plätze gegebenenfalls gemäß der firmeninternen Regelung zuzuteilen. Rosa Parks saß an jenem 1. Dezember 1955 in der ersten Reihe des Bereichs für Schwarze und weigerte sich aufzustehen, als für eine zugestiegene weiße Passagierin kein Sitzplatz mehr frei war. Der Fahrer rief daraufhin die Polizei, die Parks festnahmen und sie für einen Tag ins Gefängnis steckten, bevor Kaution für sie hinterlegt wurde.

Der Präsident des Ortsverbands Montgomery der NAACP, Edgar Nixon, hatte sich schon im Fall Colvin engagiert und sah in der Festnahme seiner Sekretärin Rosa Parks, einer gebildeten, zurückhaltenden Frau, eine gute Möglichkeit für eine Mobilisierung der Anhänger zugunsten der Bürgerrechtsbewegung. Recht schnell nachdem er die Nachricht von dem Vorfall erhalten hatte, telefonierte Nixon mit den Pfarrern einiger schwarzer Gemeinden in der Stadt, unter anderem mit Martin Luther King Jr., um einen Boykott zu organisieren. Nixon stieß mit seiner Idee auf große Zustimmung bei den Kirchenleuten. Man gründete die Montgomery Improvement Association (MIA) als Dachverband, der den Boykott organisieren sollte und wählte Martin Luther King zum Vorsitzenden. Die ursprüngliche Forderung der MIA sah die Beibehaltung der Rassentrennung in den Bussen vor, doch es sollte kein Schwarzer mehr gezwungen sein, für Weiße seinen Platz aufgeben zu müssen. Man ging davon aus, dass die Verantwortlichen in der Stadt einer solchen Forderung eher zustimmen könnten als einer radikaleren nach Aufhebung der Segregation. Weiterhin forderte man einen generell höflichen Umgang mit schwarzen Fahrgästen und die Einstellung von Schwarzen als Busfahrer. Am Sonntag, den 4. Dezember wurde die Aufforderung zur Teilnahme am Boykott zum Thema der Predigten in den schwarzen Kirchen und am nächsten Morgen begann der Boykott der Stadtbusse, der schnell zu einem großen Erfolg wurde.

Der Großteil der Bevölkerung Montgomerys war und ist schwarz und das plötzliche Ausbleiben dieser Fahrgäste brachte die Busgesellschaft schnell in eine finanzielle Schieflage. Die Menschen bildeten Carpools oder fuhren mit schwarzen Taxifahrern, die nur 10 Cent pro Fahrt verlangten, ebenso wie die Busse. Die Stadt verbot dann die Erhebung eines geringeren Fahrpreises als 45 Cent und sie drängte Versicherungen, in Carpools genutzte Fahrzeuge nicht mehr zu versichern. Die MIA organisierte daraufhin Policen über eine ausländische Versicherung. Durch die große Aufmerksamkeit, die der Boykott auch in den Medien erhielt, erklärten sich Schwarze im ganzen Land solidarisch. Viele spendeten Schuhe für die Bürger Montgomerys, die manchmal viele Kilometer täglich zu Fuß gingen. Doch auch negative Auswirkungen ließen nicht lange auf sich warten: Auf die Häuser von King und Nixon sowie auf Kirchen wurden Brandanschläge verübt, viele Demonstranten wurden auf der Straße tätlich angegriffen und einige, darunter auch King, verhaftet; angeblich weil sie die öffentliche Ordnung störten. Solche Vorfälle allerdings bestärkten noch das öffentliche Interesse an dem Boykott und setzten die Verantwortlichen bei der Stadt noch mehr unter Druck. 

Nachdem der Boykott einige Monate erfolgreich lief, unternahmen die Führer der Bürgerrechtsbewegung in Alabama einen Versuch, die Trennung der Rassen in öffentlichen Verkehrsmitteln ganz aufheben zu lassen. Da sie glaubten, dass der Fall von Rosa Parks in untergeordneten Bezirksgerichten versanden würde, erhoben sie schließlich Klage im Namen von Claudette Colvin und drei weiteren Damen, die ähnliche Erfahrungen gemacht hatten, gegen W.A. Gayle, den Bürgermeister Montgomerys. Grundlage der Klage war die vermutete Verletzung des 14. Zusatzartikels der Verfassung (Fourteenth Amendment), der Schwarzen die amerikanische Staatsbürgerschaft und damit eine Gleichbehandlung vor dem Gesetz zugesprochen hatte. Die Klage wurde unter anderem von Clifford Durr, dem ehemaligen Arbeitgeber von Rosa Parks erhoben und von Thurgood Marshall vertreten, der später zum ersten schwarzen Richter am Supreme Court werden sollte. Der Prozess, der unter dem Namen Browder v. Gayle in die Geschichtsbücher einging, endete mit der Entscheidung des US District Courts, das die Rassentrennung an Bord von Bussen gegen die amerikanische Verfassung verstieß und verbot sowohl dem Staat Alabama als auch der Stadt Montgomery, weiterhin Busse einzusetzen, in denen Segregation herrschte. Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt, was eine Vorlage des Falls beim Obersten Gerichtshof zur Folge hatte. Die Richter dort bestätigten die Entscheidung des District Courts am 13. November 1956.

In der Folge erließ die Stadt Montgomery eine Verordnung, nach der schwarze Passagiere überall in einem Bus sitzen konnten, wo sie wollten. Der Boykott endete so nach 381 Tagen am 20. Dezember 1956. Zum Abschluss des Boykotts, der der Civil Rights-Bewegung wesentlich mehr eingebracht hatte als die freie Sitzplatzwahl in Stadtbussen, hielt Martin Luther King, Jr. eine vielbeachtete Rede, die mit dafür sorgte, dass er fortan als einer der wichtigsten Anführer der Bürgerrechtsbewegung in den USA anerkannt wurde.