Die USA sehen sich gerne als Schmelztiegel der Völker und Kulturen. Eine Bevölkerungsgruppe, die bei solchen Betrachtungen der unterschiedlichen Einflüsse auf Kultur und Geschichte des Landes oftmals ein wenig zu kurz kommt, ist ausgerechnet die von Amerikas Ureinwohnern.

Amerikas indigene Bevölkerung, auch als Native Americans oder Indianer bezeichnet, wird besonders oft verzerrt wahrgenommen. Aus alten Filmen kennt man den Indianer als Kontrahenten des Weißen Mannes, in Dokumentationen sieht man ihn dagegen als an den Rand gedrängtes Opfer der Zivilisation. Nicht-indigene Amerikaner verbinden Indianerreservate oft mit blinkenden Spielcasinos, Touristen wollen bunten Federschmuck sehen und Erleuchtung Suchende verlangt es nach spiritueller Inspiration und Rezepten für uralte Heilmittel.

Dabei ist es schon falsch, die Ureinwohner als eine homogene Gruppe anzusehen. Es gibt in den USA 573 von der Bundesregierung anerkannte Stämme, dazu kommen noch zahlreiche weitere, die nicht oder nicht im ganzen Land anerkannt sind. Insgesamt identifizieren sich rund 9,7 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner als zumindest teilweise einem der indigenen Völker angehörig, das sind rund 2,9% der Bevölkerung.

Mit dem Zuzug europäischer Einwanderer ab dem Ende des 15. Jahrhunderts begann für die Ureinwohner eine Geschichte von Vertreibung, Gewalt und Unterdrückung. Indianer wurden an den Rand der Gesellschaft gedrängt, oft in ihrer Existenz bedroht und in kriegerischen Auseinandersetzungen getötet. Sie verloren ihre teilweise seit Jahrtausenden bewohnte Heimat und wurden unter schlimmen Umstände in Reservate gebracht. Sie wurden gezwungen, ihrer Kultur, Sprache, Tradition und Religion zu entsagen und sich der weißen Gesellschaft zu assimilieren.

Heute leben Indianer in den Reservaten oft unter desolaten Bedingungen. Sie sind zu hohen Prozentzahlen arbeitslos, krank und abhängig und begegnen häufig Vorurteilen und Geringschätzung. Die Versuche der Regierung in Washington, dieser Situation entgegenzusteuern, blieben in der Vergangenheit oft halbherzig. Mitunter aber sind auch die Völker selbst nicht unschuldig an ihrer Lage. Es gibt Beispiele von Indianervölkern, die sich auf die Situation besser eingestellt haben als andere, die vom Tourismus, von Dienstleistungen oder eigenen Produkten leben, ohne dabei notwendigerweise ihre Kulturen aufzugeben. Auf der anderen Seite gibt es Reservate, in denen die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts nur in Form von Bandenkriminalität oder Drogenabhängigkeit Einzug gehalten hat. Vielerorts sind die Menschen in den Reservaten untereinander zerstritten und nicht in der Lage, eine funktionierende Verwaltung und Interessenvertretung zu errichten, zudem gibt es häufige Fälle von Korruption.


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Geschichte der amerikanischen Ureinwohner